Seit März 2021 wird die Buchhandlung Eselsohr in Bitburg als Genossenschaft geführt. Wie dies funktioniert und welche Vorteile entstehen, berichtet Jutta Klaes-Berg im Gespräch mit dem Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland.
Jeder Genosse erwirbt einen bzw. mehrere Anteile und so kommt das erforderliche Grundkapital zur Errichtung bzw. Weiterführung der Buchhandlung zusammen. Die Mitarbeiterinnen (ich benutze die weibliche Form, da wir alle Frauen sind) sind Angestellte der Genossenschaft. Die Organe der Genossenschaft sind der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Generalversammlung. Am sinnvollsten ist es, wenn wenigstens eine Mitarbeiterin als Vorstand fungiert. In unserem Fall besteht der Vorstand aus Jutta Klaes-Berg (Mitarbeiterin) und Dr. Holger Klein (Unternehmensberater).
Ich halte das Modell unter folgenden Voraussetzungen für übertragbar:
Die Resonanz der Kundschaft war in unserem Fall überwältigend: In acht Tagen hatten wir das erforderliche Kapital zusammen und mussten potentiellen Genossen absagen.
Für die Kund*innen haben sich die Öffnungszeiten geändert, da wir diese reduziert haben. Der Mitarbeiterinnenstamm ist bis auf die ehemalige Chefin übernommen worden (mit reduzierter Stundenzahl) und es ist eine neue Kollegin hinzugekommen.
Kund*innen, die Genoss*innen geworden sind, erkundigen sich häufiger nach der Lage der Dinge und fühlen sich der Buchhandlung in höherem Maße verpflichtet als vorher. Viele Kund*innen äußern auch Wochen nach der Wiedereröffnung ihre Freude darüber, dass es das „Eselsohr“ noch gibt.
Für uns Mitarbeiterinnen ist die Arbeit mehr und konzentrierter geworden. Unsere hohe Motivation und Verpflichtung diesem Projekt Genossenschaft gegenüber treibt uns tatsächlich an. Und die große Zustimmung in der Bevölkerung, die so oft so freimütig geäußert wird, ist uns ein echter Ansporn.
Wir alle lernen gerade sehr viel dazu und stürzen uns geradezu unverdrossen in alle Aufgaben und Bereiche, die bis vor kurzem unsere „alte“ Chefin alleine zu bewältigen hatte. Das ist auch anstrengend, aber auf jeden Fall befriedigend.
Es gibt immer noch eine Gewöhnungsphase und es besteht ein großer Bedarf an Kommunikation von unserer Seite, immer wieder darauf hinzuweisen. Aber die Akzeptanz ist generell zu spüren, frei nach dem Motto: Besser weniger geöffnet als komplett geschlossen.
Der Neustart verlief unter Abzug aller Anfangsschwierigkeiten unter dem Strich sehr gut. Die Kund*innenfrequenz ist gut, die Coronasituation in unserer ländlichen Region nicht so angespannt. Rheinland-Pfalz gestattete Buchhandlungen, unter den üblichen Schutzmaßnahmen zu öffnen, sodass wir im Laden die Kunden begrüßen durften. Wir wünschen uns, dass die Leselust in der Bevölkerung, die durch Corona einen Aufschwung erlebt hat, erhalten bleibt.
Den Menschen sollte bewusst sein, dass sie ihre Bücher im Laden, nicht im Internet, einkaufen können. Falls doch, sollten sie die Internetplattformen der Buchhandlungen nutzen.