Im April 2019 ist der European Accessibility Act (EAA) beschlossen worden. Ziel dieser EU-Richtlinie ist es, besser zugängliche Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen sowie Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. In Deutschland ist diese EU-Richtlinie 2021 bereits durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt worden: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s2970.pdf
Das BFSG tritt am 28. Juni 2025 in Kraft, die Vorschriften müssen also ab diesem Zeitpunkt angewendet werden. Im Jahr 2022 ist zudem eine Rechtsverordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erlassen worden, die die Barrierefreiheitsanforderungen konkretisieren: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0928.pdf
Mit diesen FAQ möchten wir auf die am häufigsten gestellten Fragen zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz eingehen. Es gibt noch nicht zu jeder Frage eine eindeutige und klare Antwort. Dies liegt daran, dass es sich hier um ein ganz neues Gesetz handelt, für das es noch keine Rechtsprechung gibt. Zudem sind einige Vorschriften auf verschiedene Arten interpretierbar.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) regelt viele Bereiche und die Buchbranche ist explizit betroffen. Für die Buchbranche sind die Regelungen zu E‑Books, E-Readern und für den E‑Commerce-Bereich relevant. E‑Reader, E‑Books und Webseiten, auf denen ein Verbraucher einen Vertrag schließen kann, müssen ab 2025 barrierefrei sein.
Barrierefreiheit liegt gemäß § 3 BFSG dann vor, wenn Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Informationen über das Zwei-Sinne-Prinzip zur Verfügung gestellt werden, also beispielsweise eine Untertitelung eines Videos oder zusätzlich zur Möglichkeit einer Texteingabe die Wahl der Spracheingabe. Das BFSG enthält selbst noch keine genaueren Barrierefreiheitsanforderungen, sondern verweist in § 14 Abs.1 BFSG auf die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV), siehe http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0928.pdf. Die Verordnung tritt am 28. Juni 2025 in Kraft.
§ 12 BFSGV enthält allgemeine Anforderungen an Dienstleistungen. Danach muss die Bereitstellung von Informationen über die Funktionsweise der Dienstleistung (auch in Verbindung mit Produkten) folgende Anforderungen erfüllen:
a. Informationen werden über mehr als einen sensorischen Kanal bereitgestellt,
- z. B. Bereitstellung elektronischer Dateien, die über einen Computer mit Screenreader vorgelesen werden können.
b. Informationen sind für den Verbraucher auffindbar
c. Informationen werden in verständlicher Weise dargestellt,
- z. B. klare und logische Verwendung derselben Begriffe, sodass Menschen, die eine geistige Beeinträchtigung haben, sie besser verstehen können.
d. Informationen werden den Verbrauchern auf eine Weise dargestellt, die sie wahrnehmen können.
e. Der Informationsgehalt wird in Textformaten zur Verfügung gestellt, die sich zum Generieren alternativer assistiver Formate durch den Verbraucher eignen, die auf unterschiedliche Art dargestellt und über mehr als einen sensorischen Kanal wahrgenommen werden können,
- z. B. Vorsehen eines Ausdrucks einer Datei in Braille-Schrift
f. Informationen werden in einer Schriftart mit angemessener Größe und mit geeigneter Form unter Berücksichtigung der vorhersehbaren Nutzungskontext und mit ausreichendem Kontrast sowie ausreichenden Abständen zwischen den Buchstaben, Zeilen und Absätzen dargestellt,
- Vorsehen, dass der Text für sehbehinderte Menschen lesbar ist.
g. Es wird eine alternative Darstellung des Inhalts angeboten, wenn Elemente nicht-textlichen Inhalts enthalten sind,
- z. B. Ergänzung eines Schaubilds durch eine Textbeschreibung, in der die wichtigsten Elemente genannt oder zentrale Vorgänge beschrieben werden.
h. Die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlichen digitalen Informationen werden auf konsistente und angemessene Weise bereitgestellt, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.
Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit wird auf ihrer Webseite regelmäßig eine Auflistung der zu beachtenden Standards sowie Konformitätstabellen und weitere Informationen veröffentlichen.
Gemäß § 1 Abs. 3 gilt das Gesetz für Dienstleistungen, die für Verbraucher nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden. Hierzu zählen gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 E‑Books und gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr. Verbraucher im Sinne des Gesetzes ist „jede natürliche Person, die ein unter dieses Gesetz fallendes Produkt oder eine unter dieses Gesetz fallende Dienstleistung zu Zwecken kauft oder empfängt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“. Das Gesetz gilt also nicht im reinen B2B-Bereich. Um von den Vorschriften „befreit zu sein“, müsste ein Verlag oder auch eine Buchhandlung, die eine E‑Commerce‑Webseite betreibt, aber Verbraucher komplett ausschließen, also nur mit Unternehmen Verträge abschließen. Dabei muss aber zum Beispiel die Aussage, dass man nur mit Unternehmen kontrahiert, einer Kontrolle standhalten.
Es gibt eine Ausnahme für Kleinstunternehmen, die für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanz von unter zwei Millionen Euro gilt. Diese Kleinstunternehmen müssen die Barrierefreiheitsanforderungen für Dienstleistungen (E‑Books und Webshops) nicht erfüllen.
Gemäß § 2 Abs. 17 BFSG ist ein Kleinstunternehmen ein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und das entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen erzielt oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft. Hat das Unternehmen 11 Beschäftigte, fällt es nicht mehr unter die Definition Kleinstunternehmen. Die Voraussetzungen Mitarbeiterzahl und Jahresumsatz bzw. Bilanz müssen also kumulativ erfüllt sein.
Das BFSG sieht zwei Ausnahmen für alle Unternehmen vor. Die Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG und der Rechtsverordnung gelten nur, als deren Einhaltung keine wesentliche Änderung eines Produkts oder einer Dienstleistung erfordert, die zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale des Produkts oder der Dienstleistung und zu keiner unverhältnismäßigen Belastung der betreffenden Wirtschaftsakteure führt (§§16, 17 BFSG).
Ob eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, muss vom Unternehmen sorgfältig geprüft, dokumentiert und der zuständigen Behörden vorgelegt werden.
Anlage 4 zum BFSG führt Kriterien für die Beurteilung auf, ob eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, auf, siehe http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s2970.pdf
Ja.
Die Unternehmen haben die Pflicht zu gewährleisten, dass die Dienstleistungen im Einklang mit den Barrierefreiheitsanforderungen erbracht werden. Die Bundesländer werden Behörden einrichten, die die Einhaltung der Regeln überprüfen. Diese Marktüberwachungsbehörden (§§ 20 ff. BFSG) sollen die Einhaltung der Regeln überprüfen.
Auch Verbraucher haben Informationsrechte und die Möglichkeit, Behörden und Gerichte anzurufen.
Sollte ein Unternehmen gegen das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verstoßen, so wird die Behörde zu Korrekturmaßnahmen auffordern. Als Sanktion kann sie zudem die Einstellung der Dienstleistung verlangen und Bußgelder in Höhe von bis zu 100.000 Euro erlassen. Es besteht daher die Gefahr, dass E‑Books vom Markt genommen werden bzw. Webshops abgeschaltet werden müssen.
E‑Books, die ab dem 28. Juni 2025 auf den Markt gebracht werden, müssen in jedem Fall grundsätzlich barrierefrei sein. Da die Umstellung aber auch viel Wissen und Arbeit voraussetzt, sollte man so früh wie möglich damit beginnen.
Siehe hierzu auch Frage 1.17, bei der es um die Backlist geht.
Gemäß § 2 Nr. 37 BFSG ist ein E‑Book ein „Dienst, der in der Bereitstellung digitaler Dateien besteht, die eine elektronische Fassung eines Buches übermitteln und Zugriff, Blättern, Lektüre und Nutzung ermöglichen“.
Ja.
Das Format des E‑Books spielt keine Rolle, solange ein E‑Book im Sinne von Frage 1.12 vorliegt und keine Ausnahmeregelung (Frage 1.8) greift. Werden mehrere E‑Book-Formate angeboten, müssen alle barrierefrei sein, es sei denn, es liegt eine Ausnahmeregelung vor.
Hier muss man differenzieren. E‑Books, die über Lernmedienplattformen von Verbrauchern abgerufen werden können, fallen unter das BFSG. Interaktive Lernprogramme auf der Plattform, die nicht die elektronische Fassung eines Buches darstellen (siehe Frage 1.12), jedoch nicht. Auch Software ist generell nicht betroffen. Es ist jedoch möglich, dass die Lernmedienplattform die Bedingungen, die für Webshops gelten, erfüllen muss, siehe Frage 1.26 und 1.27.
E‑Books müssen beispielsweise so aufgebaut sein, dass Screenreader die inhaltliche Hierarchie eines Textes erkennen, um sie akustisch wiedergeben zu können. Heutzutage ist die Textstruktur oft nicht richtig aufbereitet, so dass beispielsweise Kapitelüberschriften vom Screenreader nicht erkannt werden oder Fußnoten im Haupttext mitgelesen werden.
Die genauen Anforderungen sind in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) aufgeführt, siehe http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0928.pdf.
Zudem wird die Bundesfachstelle zur Barrierefreiheit in Zukunft auf ihrer Webseite die wichtigsten Standards, aus denen die Barrierefreiheitsanforderungen hervorgehen, auflisten sowie, Konformitätstabellen sowie aktuelle Informationen zu den zu beachtenden Standards veröffentlichen.
Website der Bundesfachstelle zur Barrierefreiheit
Die Barrierefreiheit von E-Book-Dateien ist davon abhängig, wie präzise die Dateien elektronisch kodiert werden. Die Dateien sollten beispielsweise mit Benutzeragenten und assistiven Technologien kompatibel sein. Anhang I Abschnitt IV der EAA-Richtlinie enthält spezielle Barrierefreiheitsanforderungen, die in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) umgesetzt wurden:
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0928.pdf
Gemäß § 18 BFSGV müssen E-Books
- die synchronisierte Bereitstellung von Text- und Audioinhalten gewährleisten, sofern sie neben Text- auch Audioinhalte enthalten,
- Gewährleisten, dass die Dateien des E-Books die ordnungsgemäße Funktionsweise assistiver Technologien nicht verhindern,
- den Zugang zu Inhalten gewährleisten,
- die Navigation im Dateiinhalt und im Layout einschließlich dynamischer Layouts gewährleisten (z.B. Vorsehen, dass ein blinder Mensch auf das Inhaltsverzeichnis zugreifen und zu einem anderen Kapitel wechseln kann)
- eine Struktur bereitstellen,
- Flexibilität und Wahlfreiheit bei der Darstellung der Inhalte bereitstellen,
- alternative Wiedergabearten für den Inhalt in wahrnehmbarer, verständlicher, bedienbarer und robuster Weise ermöglichen,
- die Interoperabilität des Inhalts mit assistiven Technologien in wahrnehmbarer, verständlicher, bedienbarer und robuster Weise ermöglichen,
- die Auffindbarkeit der Barrierefreiheitsmerkmale durch Bereitstellung von Informationen in Form von Metadaten gewährleisten (z.B. Sicherstellung, dass sich in der elektronischen Datei Informationen zu ihren Barrierefreiheitsmerkmalen befinden) und
- nach Maßgabe der §§ 95a bis 96 des Urhebergesetzes gewährleisten, dass Barrierefreiheitsfunktionen nicht durch technische Maßnahmen zum Schutz von Werken und sonstigen Schutzgegenständen blockiert werden (z. B. Sicherstellung, dass keine Sperre vorliegt, die z. B. das Vorlesen des Textes verhindert).
Diese Frage ist leider nicht abschließend geklärt.
Der European Accessibilty Act (EAA) sowie § 1 Abs. 3 BFSG formulieren, dass das Gesetz für Dienstleistungen gilt, die für Verbraucher nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden. E-Books werden in der Richtlinie und im Gesetz als Dienstleistung definiert. Legt man den Wortlaut eng aus und/oder versteht unter „erbracht werden“ „angeboten werden“, kann man zu dem Schluss kommen, dass eine Dienstleistung, also ein E-Book, nach dem 28. Juni 2025 nur noch erbracht werden darf, wenn es die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt, selbst wenn es vor diesem Datum veröffentlicht wurde.
Auf der anderen Seite lässt sich sagen, dass E-Books zwar rechtlich als Dienstleistung klassifiziert sind, letztendlich ähneln sie aber – was den Herstellungsprozess angeht – Produkten. Sie werden einmal gesetzt und hergestellt und dann über verschiedene Vertriebsplattformen über Jahre im Markt angeboten, ohne dass es eine erneute Veränderung oder Aktualisierung gibt. Ihr Erscheinungsdatum ist dabei im Impressum ablesbar. Aus diesem Grund sind sie mit anderen Dienstleistungen wie beispielsweise Webseiten nicht vergleichbar, die zum Teil täglich geändert werden.
Gemäß § 1 Abs. 5 BFSG gelten die Barrierefreiheitsanforderungen zudem nicht für den Inhalt von Webseiten und mobilen Anwendungen im Falle von „aufgezeichneten zeitbasierten Medien, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden“ sowie nicht für „Dateiformate von Büro-Anwendungen, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden“ oder „Inhalte von Webseiten und mobilen Anwendungen, die als Archive gelten, da ihre Inhalte nach dem 28. Juni 2025 weder aktualisiert noch überarbeitet werden“. E-Books sind mit solchen „zeitbasierten Medien“, „Dateiformaten“ und „Archiven“ vergleichbar, weil sie vom Verlag grundsätzlich nach der ersten Veröffentlichung auch nicht mehr geändert werden.
Die Formulierung „erbracht werden“ lässt sich somit auch so verstehen, dass sie sich nur auf die Neuveröffentlichung von E-Books bezieht, also auf E-Books, die ab dem 28. Juni 2025 neu bzw. vom Verlag in einer aktualisierten Fassung veröffentlicht werden. Es lässt sich somit vertreten, dass nicht die gesamte Backlist, also alle E-Books, die im Markt angeboten werden, von der Richtlinie erfasst sind.
Dafür spricht auch Erwägungsgrund 21 des EAA, wonach die Barrierefreiheitsanforderungen so eingeführt werden sollen, dass sie den Wirtschaftsakteuren und den Mitgliedsstaaten möglichst wenig Aufwand verursachen. Die Umwandlung der gesamten Backlist wäre ein Aufwand, der bis zum Jahr 2025 nicht zu leisten wäre. Gerade im Bereich von wissenschaftlichen Titeln und Fachbüchern, in dem die E-Books auch Grafiken und Tabellen enthalten, müsste jedes einzelne E-Book händisch noch einmal neu gesetzt und hergestellt werden.
In Deutschland sind im Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) fast 600.000 E-Books gelistet, die tatsächliche Zahl der lieferbaren E-Books dürfte noch höher sein, da nicht alle Verlage ihre E-Books – anders als gedruckte Bücher – im VLB melden. Die Kosten für die Umwandlung der Backlist in barrierefreie Formate wurden im Barrierefreiheitsgesetz nicht im Punkt „Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft“ berücksichtigt. Auch dies spricht dafür, dass die Backlist nicht erfasst sein soll.
Es gibt jedoch im BFSG, in der Gesetzesbegründung und auch in der dazugehörigen Rechtsverordnung keine Klarstellung, die unsere Auffassung bestätigt. Auch auf europäischer Ebene ist unklar, wie die anderen Mitgliedstaaten mit der Backlist umgehen werden. Finnland und Schweden nehmen die Backlist voraussichtlich explizit aus, andere Länder prüfen noch die Kosten einer Anpassung.
Verlage sollten daher für sich individuell prüfen, inwiefern es für sie technisch machbar ist, die Backlist umzuwandeln und wie groß sie das rechtliche Risiko einschätzen, wenn sie auf die Umwandlung verzichten.
E‑Books stellen digitale Inhalte im Sinne von § 327 Abs. 2 S. 1 BGB dar. sind. In diesem Zusammenhang kommen also die neuen Regelungen gemäß §§ 327b ff. BGB zur Anwendung. Bei der Aktualisierungspflicht gemäß § 327f Abs. 1 BGB handelt es sich um Aktualisierungen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit erforderlich sind, vor allem um Sicherheitsaktualisierungen. Auch wenn sich die Technik im Sinne der Barrierefreiheit verbessern sollte, so besteht unseres Erachtens keine Aktualisierungspflicht gegenüber dem Endkunden.
E‑Books fallen unter Dienstleistungen. Gemäß § 14 BFSG ist der Dienstleistungserbringer für die Barrierefreiheit verantwortlich, also derjenige, der das E‑Book herstellt und im eigenen Namen auf den Markt bringt. Im Regelfall wird es sich dabei um den Verlag handeln, es sei denn, die Universität tritt als Hersteller (Dienstleistungserbringer) auf.
Nein.
Hörbücher fallen nicht unter das BFSG. Es handelt sich hierbei nicht um ein Buch im Sinne der Definition gemäß § 2 Nr. 37 BFSG, Lektüre und Blättern sind beispielsweise nicht möglich.
Nein. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bestimmt lediglich, dass E‑Books barrierefrei sein müssen. Von Zeitungen und Zeitschriften ist nicht die Rede. Was ein E‑Book ist, wird in § 2 Nr. 37 BFSG wie folgt definiert: „ein Dienst, der in der Bereitstellung digitaler Dateien besteht, die eine elektronische Fassung eines Buches übermitteln und Zugriff, Blättern, Lektüre und Nutzung ermöglichen“. Bei der Abgrenzung, ob ein Produkt ein E‑Book (d. h. ein Buch ist) oder eine Zeitschrift ist, wird – wie im analogen Bereich – eine Unterscheidungsmöglichkeit sein, ob das Produkt einmalig oder periodisch erscheint. Wenn periodisches Erscheinen vorliegt, ist von einer Zeitschrift auszugehen. Weitere Abgrenzungskriterien sind denkbar und werden sich mit der Zeit herauskristallisieren.
Die Barrierefreiheitsanforderungen für E‑Books sehen vor, dass die Barrierefreiheitsfunktionen nicht durch digitalen Urheberrechtsschutz blockiert werden dürfen. Ein sogenanntes „hartes DRM“ ist damit nicht mehr möglich. Andererseits lässt das BFSG auch die Vorschriften des Urhebergesetzes, das heißt auch die §§ 95a bis 96 UrhG unberührt. Wenn also ein Rechteinhaber eine technische Schutzmaßnahme einsetzt, die der Barrierefreiheit entgegensteht, so darf diese nicht im Wege der Selbsthilfe entfernt werden. Als Korrekturmaßnahme muss der Rechteinhaber dann aber das E‑Book in barrierefreier Form zur Verfügung stellen. Auch Bibliotheken und andere Anbieter, die Zugriffsmodelle mit Nutzungsbeschränkungen verwenden, benötigen somit ggf. barrierefreie Systeme.
Erwägungsgrund 41 des EAA enthält folgenden Satz:
„Spezielle Merkmale spezieller Werke wie Comics, Kinderbücher und Kunstbücher sollen in Bezug auf alle anwendbaren Barrierefreiheitsanforderungen geprüft werden.“
Daraus lässt sich schließen, dass der Richtliniengesetzgeber hier durchaus gesehen hat, dass es in diesen Fällen zu Schwierigkeiten kommen kann. Klar ist aber auch, dass die genannten Werke nicht automatisch aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Ein Verlag muss also zunächst prüfen, ob eine der Ausnahmeregelungen vorliegt.
Gemäß § 16 BFSG müssen die Barrierefreiheitsanforderungen, die in der Rechtsverordnung festgelegt werden, nur umgesetzt werden, solange deren Einhaltung keine wesentliche Änderung eines Produkts oder einer Dienstleistung erfordert, die zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale des Produkts oder der Dienstleistung führt. Dies wäre wohl der Fall, wenn man die Bildbeschreibungen so vornehmen würde, dass aus einem Comic ein Roman entsteht.
Im Falle von Werken, die neben Text eine große Anzahl von Bildern, Tabellen oder Grafiken enthält, kann auch die Ausnahme gemäß § 17 BFSG vorliegen. Danach müssen Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden, wenn deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verlags führen würde.
Greift keine der Ausnahmeregelungen, so ist je nach Art des Bildes, der Illustration oder der Grafik zu entscheiden, was für ein Alternativtext sinnvoll und nötig ist. Hierzu finden Sie Hinweise im Abschnitt »Bilder und Alternativtexte« im Leitfaden Barrierefreie EPUB3‑E‑Book. Es kann zum Beispiel sein, dass eine detaillierte Bildbeschreibung im Falle einer Illustration in einem Schul- oder Lehrbuch, eine Antwort, die erarbeitet werden soll, vorwegnehmen würde. Dann besteht keine Verpflichtung zu einer solchen Beschreibung. Das Gleiche würde gelten, wenn es – wie zum Beispiel im Schulbuchbereich – Anforderungen gibt, die eine Veränderung/Ergänzung bzw. einen Eingriff in ein Bild oder Video nicht erlauben.
Die Ausnahmeregel gemäß § 16 BFSG, wonach die Barrierefreiheitsanforderungen nicht zu einer wesentlichen Änderung des Produkts oder der Dienstleistung führen dürfen, dürfte verhindern, dass die Kunstfreiheit eingeschränkt wird. Sollte zudem ein Werk vorliegen, welches so gestaltet ist, dass es technisch nicht möglich ist, es barrierefrei zu gestalten, so kann dies natürlich auch nicht verlangt werden. Es besteht dann nur die Pflicht, die Barrierefreiheit so weit wie möglich umzusetzen, ggf. ist ein E‑Book dann nur teilweise barrierefrei.
Nein.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz regelt nur, dass E‑Books barrierefrei sein müssen, wenn der Verlag sie anbietet. Es gibt weder einen Zwang dazu, eine E‑Book-Ausgabe eines Buches herzustellen, noch ein Hörbuch zu erstellen. Eine Verpflichtung, weitere Nutzungsrechte einzuholen, besteht daher nicht. Die Erforderlichkeit, E‑Books barrierefrei zu gestalten, ergibt sich aus dem öffentlich-rechtlichen Gesetz selbst.
Nur in dem Fall, in dem ein Verlag ein E‑Book und Hörbuch in einer Datei anbietet, muss das Hörbuch mit dem E‑Book synchronisiert sein. Hierfür benötigt der Verlag aber dann natürlich im Vorfeld auch die Hörbuch-Rechte, sonst wäre ihm diese Kombination gar nicht möglich.
Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG müssen Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr ab 2025 barrierefrei angeboten werden. Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr sind gemäß § 2 Nr. 26 BFSG Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden. Darunter fallen also vor allem die Webshops von Buchhandlungen und Verlagen, es sei denn, es handelt sich um Kleinstunternehmen (siehe Frage 1.7).
Unter das BFSG fallen auch „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“. Das sind Ferndienstleistungen, die über Websites und auf Mobilgeräten, elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden. Anhang I Abschnitt IV der EAA-Richtlinie enthält für diesen Bereich spezielle Barrierefreiheitsanforderungen, die in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) umgesetzt wurden:
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0928.pdf
Gemäß § 19 BFSGV müssen bei Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
- Informationen zur Barrierefreiheit der zum Verkauf stehenden Produkte und Dienstleistungen und der angebotenen Dienstleistungen bereitgestellt werden, soweit diese Informationen vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur zur Verfügung gestellt werden.
- z. B. Sicherstellung, dass die verfügbaren Informationen zu den Barrierefreiheitsmerkmalen eines Produkts nicht gelöscht werden können.
- Identifizierung, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktion, wenn diese nicht in Form eines Produkts, sondern im Rahmen einer Dienstleistung bereitgestellt werden, wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.
- z. B. Vorsehen, dass die Benutzerschnittstelle von Zahlungsdiensten über Spracheingabe bedient werden kann.
- Identifizierungsmethoden, Authentifizierungsmethoden, elektronische Signaturen und Zahlungsdienste, wenn diese bereitgestellt werden, wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.
- z. B. Vorsehen, dass die auf dem Bildschirm angezeigten Identifizierung-Dialogfelder Vorlesefunktionen unterstützen, sodass sie von blinden Menschen bedient werden können.
Rechtlich stellt sich hier die Frage, ob eine Leseprobe unter die Definition E‑Book (siehe Frage 1.12) fällt. Da hier nicht die elektronische Fassung eines Buches vorliegt, ist dies wohl nicht der Fall. Des Weiteren könnte die Leseprobe aber unter die allgemeinen Barrierefreiheitsanforderungen von Dienstleistungen bzw. unter die besonderen Anforderungen für Webshops fallen, wonach zum Beispiel die Bereitstellung von Informationen über die Funktionsweise der Dienstleistungen barrierefrei sein müssen, siehe Fragen 1.4, 1.25 und 1.26. Letztendlich ist hier wohl entscheidend, ob die Leseprobe eine notwendige Information ist.
Die Frage lässt sich aus rechtlicher Sicht noch nicht eindeutig beantworten. Dennoch sollte die Barrierefreiheit auf freiwilliger Basis bei künftigen Leseproben mitbedacht werden. Technisch ist es jedenfalls gut möglich, eine Leseprobe barrierefrei zu gestalten.
Nein.
Weder die EAA-Richtlinie, noch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, noch die dazugehörige Rechtsverordnung enthalten explizit Vorschriften zum Thema „Leichte Sprache“. Hier besteht also ein Unterschied zum Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG) und der dazugehörigen Verordnung (BITV 2.0), die für Webseiten öffentlicher Stellen für bestimmte Bereiche Gebärdensprache und Leichte Sprache verpflichtend vorschreiben.
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) setzen die EU-Richtlinie 2016/2102 um. Adressaten sind öffentliche Stellen des Bundes. Ziel ist es, die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten. Adressaten des BFSG sind dagegen private Unternehmen. Ziel ist es, die Verfügbarkeit barrierefreier Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen. BGG und BSFG sind daher Gesetze, die für sich stehen, jedes ist für seinen Bereich anzuwenden.
Verlage müssen die Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG beachten. Ziel ist es, dass mehr barrierefreie Produkte und Dienstleistungen auf den Markt kommen. Produkte und Dienstleistungen, die bereits die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen, müssen nicht geändert werden. Bestehende Leistungen und Services, die über die im Gesetz geforderten Anforderungen hinausgehen oder sich auf nicht im Gesetz geregelte Produkte und Dienstleistungen beziehen, können natürlich freiwillig weiter angeboten werden.