Neues Handeln

„Das Ziel, ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu verbinden, ist nicht nur legitim, sondern notwendig.“

3 Fragen an Rebecca Jäger, The Future Living
Erstellt am 27.05.2025


Rebecca Jäger arbeitet als Nachhaltigkeitsmanagerin bei The Future Living INT GmbH, die im vergangenen Jahr acht Unternehmen der Buchbranche bei der Erstellung einer CO2-Bilanz begleitet und auf den Weg in die CO2-Neutralität vorbereitet hat. Im Panel „Lokale Nachhaltigkeit: Regionale Verankerung als Geschäftsstrategie“ (Donnerstag, 17:15 Uhr, Stage 3) wird es unter anderem um Erfahrungen und praktische Beispiele aus diesen Beratungen gehen.

1. Nachhaltigkeit als Geschäftsstrategie und nicht aus Idealismus – ist das legitim oder ist das Greenwashing?

Rebecca Jäger: Nachhaltigkeit muss heute Teil jeder zukunftsorientierten Unternehmensstrategie sein – auch in der Buchbranche. Das Ziel, ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu verbinden, ist nicht nur legitim, sondern notwendig. Maßnahmen wie optimierte Auflagenplanung, gebündelte Auslieferung, eine effizientere Organisation des Remissionswesens oder der verstärkte Einsatz von Print-on-Demand zeigen, dass ökologische und ökonomische Interessen zusammengedacht werden können. Wer auf solche Lösungen setzt, senkt langfristig nicht nur Emissionen, sondern auch Kosten. Greenwashing beginnt da, wo solche Entwicklungen nur angekündigt, aber nicht konsequent umgesetzt werden. Deshalb ist Transparenz entscheidend – etwa durch offen gelegte Lieferketten, konkrete CO2e-Ziele und Kooperationen mit nachhaltigen Dienstleistern. Insofern: Ja, Nachhaltigkeit darf und soll auch strategisch gedacht werden – wenn sie mit echtem Wandel verbunden ist.

2. Sie begleiten viele Unternehmen auf dem Weg in die Nachhaltigkeit. Welche Besonderheiten gibt es in der Buchbranche?

Rebecca Jäger: Die Buchbranche steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits ist das Buch ein kulturelles Gut, andererseits ein physisches Produkt mit erheblichem Ressourcenverbrauch. Besonders relevant sind hier Papier, Energie für Druck und Lagerung, Verpackung und Logistik.

Buchhandlungen spielen dabei eine Schlüsselrolle – sie stehen im direkten Austausch mit den Kund*innen und können Nachhaltigkeit ganz konkret im Alltag vermitteln. Gleichzeitig spiegeln sie auch die Erwartungen der Leser*innen an Verlage, Zwischenhändler und Druckereien zurück. Wenn neue Materialien, Verpackungen oder Konzepte getestet werden sollen, braucht es die Buchhandlungen als Partner in Entwicklung und Umsetzung. Viele Buchhandlungen engagieren sich auch im Ladengeschäft – etwa durch die Wiederverwendung von Kartons, den Verzicht auf beschichtetes Geschenkpapier oder durch das Angebot eines Second-Hand-Segments im Laden. Gleichzeitig gibt es strukturelle Grenzen: Die energetische Sanierung eines Ladenlokals ist z. B. oft nur durch Eigentümer*innen möglich.

Auf Seiten der Verlage und Druckereien liegt eine besondere Verantwortung in der Produktgestaltung: die Auswahl von Papier, die Entscheidung für klimafreundlichere Druckverfahren, möglichst präzise Auflagenplanung oder nachhaltigere Verpackungslösungen. Auch durch vermeintlich kleinen Reduktionsmaßnahmen wie Folienverzicht und wiederverwendete Versandkartons kann spürbar CO2e und Material eingespart werden.

3. Wie wichtig ist der Austausch über Erfahrungen zwischen den Unternehmen auf dem Weg in die Klimaneutralität?

Rebecca Jäger: Der Austausch zwischen Unternehmen ist absolut zentral – gerade in einer Branche wie der Buchbranche, in der viele Akteur*innen voneinander abhängig sind. Wenn sich Buchhandlungen, Verlage, Druckereien und Logistikpartner untereinander austauschen, können Herausforderungen schneller identifiziert und gemeinsam Lösungen gefunden werden. Best Practices, gescheiterte Ansätze oder neue Ideen lassen sich so viel wirksamer verbreiten.

Anfänglich ist dieser Austausch besonders notwendig, wenn es um Daten geht: Viele Händler und Verlage berichten, dass sie kaum belastbare Informationen über die Emissionen ihrer Dienstleister – etwa bei Transport oder Druck – erhalten. Diese Informationen bilden jedoch die Grundlage für sinnvolle Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Eine stärkere, branchenweite Kommunikation mit Druckereien und Logistikunternehmen ist daher essenziell. Solange keine exakten Emissionsdaten vorliegen, kann auch mit Hochrechnungen gearbeitet werden – etwa auf Basis von Lieferwegen und eingesetzten Fahrzeugtypen. Wichtig ist: Reden hilft. Und gemeinsam geht’s schneller.


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