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Dank BookTok zum Bestseller?

Beachtet man einige elementare Tipps, steigt die Wahrscheinlichkeit, auf TikTok viral zu gehen. Aber es gibt auch Hürden: Verlage müssen kreativ sein, während Buchhandlungen eindeutig im Vorteil sind. | Ein Beitrag des Börsenvereins
Erstellt am 17.03.2025


Beachtet man einige elementare Aspekte, steigt die Wahrscheinlichkeit, auf TikTok viral zu gehen. Aber es gibt auch Hürden – vor allem Verlage müssen kreativ sein, während  Buchhandlungen eindeutig im Vorteil sind. 

Die Geschichte klingt wie ausgedacht: Da filmt eine Tochter heimlich ihren Vater, ein Hobbyautor, lädt den kurzen Clip bei TikTok hoch – und über Nacht wird sein Buch zum Bestseller. Diese wahre Anekdote beweist zum einen den Einfluss, den TikTok auf den Buchmarkt haben kann. Zugleich zeigt sie, wie schwierig es ist, die Plattform für mehr Aufmerksamkeit und Verkäufe zu beeinflussen, weil der Erfolg oft willkürlich wirkt, mit Glück und dem undurchsichtigen Algorithmus von TikTok zu tun hat. Aber es gibt auch ein paar Wege, um diesem Glück zumindest auf die Sprünge zu helfen. 

Mit 17 Sekunden zum Bestseller 

Anfang Februar 2023 teilte die Tochter auf dem neu erstellten TikTok-Kanal @stonemaidens ein 17 Sekunden langes Video, das einen grauhaarigen Mann mit Brille und Hosenträgern zeigt, der mit Papieren hantiert und auf einen Computerbildschirm schaut. Ein eigentlich unspektakuläres Video, das untermalt ist mit dem Cover eines John-Lennon-Songs namens „Beautiful Boy“. Vier Tage später hatte es 40 Millionen Aufrufe und fast 9 Millionen Likes und das Buch des Vaters Lloyd Devereux Richards, ein Thriller namens „Stone Maidens“, den er elf Jahre zuvor im Amazon-Eigenverlag veröffentlicht hatte, schoss augenblicklich bei Amazon auf Platz 1 und bekam innerhalb kürzester Zeit von 750 Bewerter*innen einen Schnitt von 4,8 Sternen. 

Man kann zumindest zwei Gründe ausmachen, warum dieses TikTok so gut funktioniert hat. Zum einen ist ein Trend integriert – zu dem Zeitpunkt, da das Video hochgeladen wurde, wurde besagter Song von vielen Creator*innen benutzt, um die Leistungen ihrer Väter zu würdigen. Und zum anderen wird eine emotionale Geschichte erzählt, vom Vater, der immer für seine Familie da war und nebenbei 14 Jahre lang an seinem Herzensprojekt, dem Buch, schrieb. Trends und Emotionen, das sind zwei inhaltliche Schlüsselelemente, wenn es um TikToks geht. 

Ein anderes Beispiel eines viralen TikTok-Buchs ist „Kains Knochen“ von Torquemada, im Original erstmals 1934 veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein Krimirätsel – die Leser*innen müssen selbst ermitteln, wer die sechs Menschen, die im Krimi sterben, ermordet hat. Im November 2021 veröffentlichte eine BookTokerin ein Video dazu, das schnell 1,4 Millionen Likes sammelte. Der doppelte Vorteil dieses Buchs: Zum einen ist das Krimirätsel in all den Jahrzehnten angeblich erst von einer Handvoll Personen gelöst worden, der Anreiz, ebenfalls mitzumachen, entsprechend hoch. Und zum anderen können die Seiten aus dem Buch herausgetrennt werden, um das Rätsel zu lösen. Die BookTokerin befestigte alle Seiten an einer Wand, die sie ihre „Murder Wall“ nannte – ein visuell starkes Bild, das auf einem visuellen Medium natürlich sehr gut funktioniert. 

Von Trends und Tränen 

Stichwort visuell: Die klassischen TikTok-Trends können sowohl visueller als auch auditiver Natur sein. Audios sind virale Songs oder sehr kurze Ton-Mitschnitte aus Filmen, Serien oder Talkshows, die entweder imitiert („Lip-Sync“) oder sonst wie thematisch eingebunden werden. Video-Trends sind etwas seltener, aber noch einprägsamer. Sie können beispielsweise bestimmte Handgesten sein, um Dinge zu erklären, oder aber TikToks im Stile der Wes-Anderson-Filme. Wichtig bei den Trends ist: Sie sind sehr kurzlebig, meist nach ein, zwei Wochen wieder vorbei. Das bedeutet, wer sich Trends bedient, muss schnell handeln, denn viele Tage später erst ein TikTok zu dem Trend zu veröffentlichen, wirkt überholt. Und das wiederum bedeutet, der Person, die den TikTok-Account betreut, zu vertrauen und sie machen zu lassen. Muss sie sich erst in der Marketingabteilung das Go! abholen, kann es, bis das TikTok dann hochgeladen ist, schon wieder zu spät sein. 

Außerdem ist im Hinterkopf zu behalten, dass Trends einerseits eine gute Art sind, um vielen User*innen angezeigt zu werden (die Videos werden vom Algorithmus bevorzugt beziehungsweise aktiv von Menschen gesucht), andererseits aber bedingt durch den Fakt, dass hunderttausende anderer Creator*innen denselben Effekt nutzen, die Konkurrenz enorm groß ist. Es ist wie immer bei TikTok: Die Möglichkeiten eines Erfolgs sind enorm und minimal zugleich. Also nicht verzagen, wenn es nach fünf, zehn, nach zwanzig Mal noch nicht geklappt hat mit dem viralen Video. Das nächste ist wieder eine neue Chance! 

Neben dem im ersten Text zu TikTok bereits erläuterten Mut zur Trashiness und zur Selbstironie ist inhaltlich außerdem von Vorteil, wenn man – wie @stonemaidens – starke Emotionen zeigt oder hervorruft. Gerade im BookTok-Bereich funktionieren Tränen gut und regen andere zum Mitlesen an. Allerdings: Ein Buch unter Tränen zu besprechen geht natürlich nur bei privaten BookToker*innen, ist also für den professionellen Bereich wenig interessant. (Natürlich können Verlage, wie mit Blogger*innen oder Bookstagrammer*innen auch, Kooperationen mit BookToker*innen eingehen.) Schaut man sich TikTok und die Buchbranche aus der professionellen Perspektive ein, wird eins schnell deutlich: Verlage haben das Nachsehen im Vergleich zu Buchhandlungen und Büchereien.

Vorteil für Buchhandlungen, Nachteil für Verlage 

Das Problem, das deutschsprachige Verlage auf TikTok haben, die Bücher fern der „typischen“ BookTok-Genres wie Romance oder Fantasy publizieren (die gut laufen, weil das entsprechende Zielpublikum bei TikTok so groß ist), wurde hier bereits beschrieben: Werbung funktioniert schlecht, weil man einfach weiterscrollen kann. Das bedeutet für Verlage kreativ werden. Ein kleines Beispiel: Wenn eine Serie wie „Wednesday“ (Netflix) gerade sehr erfolgreich ist, können Verlagsmitarbeitende auf BookTok Bücher empfehlen, die für Fans interessant sein könnten (etwa „Dracula“ oder „Frankenstein“) – womit aus der Werbung eher eine Empfehlung wird. 

Buchhandlungen haben da viel größere Freiheiten, Challenges oder Trends mitzumachen. Im deutschsprachigen Raum ist da besonders das Büchereck Niendorf Nord (@buechereck) hervorzuhaben, das bereits im Sommer 2020 das erste TikTok veröffentlichte und seitdem regelmäßig neue Clips hochlädt. Die Buchhändler*innen des Bücherecks schrecken nicht davor zurück, sich vor der Kamera zu zeigen und somit viel Persönlichkeit an den Tag zu legen. Schaut man ins englischsprachige TikTok, beweist vor allem die Milwaukee Public Library (@milwaukeepubliclibrary) ihre große Kenntnis typischer TikTok-Mechanismen. Die Bibliothekar*innen und Mitarbeitenden drehen kurze, unterhaltsame Videos, die alle in der Bibliothek gefilmt sind, aber nicht allein die Vorzüge der Bücherei oder Buchempfehlungen in den Vordergrund stellen, sondern viel Witz, Humor und Kreativität beweisen – ähnlich wie auf Deutsch übrigens auch die @bibliothek.duesseldorf. 

Kurzum: Es ist – wie bei sämtlichen anderen Werbemaßnahmen – auch bei TikTok unmöglich, konkret einen Erfolg zu planen. Verlage, die Romance-, Fantasy- und YA-Literatur veröffentlichen, werden es dank des breiten Zielpublikums, das bereits auf TikTok ist, einfacher haben als die Verlage, die anspruchsvollere Belletristik publizieren. Im englischsprachigen Raum ist diese Art der Literatur aber schon seit langer Zeit auf TikTok angekommen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es hierzulande auch so weit ist. Entsprechend gilt die Devise, besser früher als später einen TikTok-Account einzurichten – gerade wenn man weiß, dass TikTok für immer mehr Menschen zur primären Suchmaschine wird. 

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Autorin: Isabella Caldart


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