Bundesverband

Boualem Sansal begnadigt

Aus humanitären und gesundheitlichen Gründen setzt der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune die fünfjährige Haftstrafe aus und lässt den Friedenspreisträger und seine Ehefrau nach Deutschland ausreisen.
Erstellt am 12.11.2025


Nach fast einem Jahr Haft ist der algerische Schriftsteller Boualem Sansal am heutigen Tag freigelassen worden. Der außenpolitische Berater des Bundespräsidenten holte den Friedenspreisträger von 2011 und seine Ehefrau am Abend mit der Flugbereitschaft in Algier ab und bringt sie nach Berlin, wo Sansal aufgrund seiner Krebserkrankung medizinisch behandelt wird.

„Welche Strapazen jemand aushalten muss, der zu Unrecht inhaftiert und verurteilt wird, ist kaum vorstellbar“, erklärt Sebastian Guggolz, Vorsteher des Börsenvereins, der seit 1950 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht, den Boualem Sansal 2011 erhalten hat. „Deswegen haben wir seit seiner Verhaftung immer wieder auf sein Schicksal aufmerksam gemacht und seine Freilassung gefordert. Wir sind den Tausenden von Unterstützer*innen, insbesondere Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem französischen Präsidenten Macron für seine Vermittlung, sehr dankbar.“

Am 16. November 2024 wurde Boualem Sansal nach Ankunft am Flughafen von Algier auf dem Weg zu seinem Haus verhaftet. Nach tagelangem Aufenthalt an einem unbekannten Ort warf man ihm vor, die Sicherheit Algeriens gefährdet zu haben, und klagte ihn nach Artikel 87 des algerischen Strafgesetzbuches an. Auslöser war ein Interview in einem französischen Medium, in dem Sansal die historischen Grenzen Algeriens in Frage gestellt hatte. Zudem spricht sich Sansal für eine Lösung des Westsahara-Konflikts aus, was der Auffassung der algerischen Regierung entgegensteht. 

Während der Untersuchungshaft wurde bei Boualem Sansal eine Krebserkrankung festgestellt, wegen der er medizinisch behandelt werden musste. Zugleich wurden dem Schriftsteller grundlegende Menschenrechte verweigert, unter anderem der freie Zugang zu juristischer Betreuung. Die Verurteilung zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe am 27. März 2025 wurde in einem Berufungsverfahren am 1. Juli 2025 noch einmal bestätigt. Erschwerend für einen Urteilsspruch zugunsten Sansals kam hinzu, dass die Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien, dessen beider Staatsbürgerschaften er besitzt, durch innen- und außenpolitische Konflikte empfindlich gestört wurden. 

Für die Freilassung Sansals haben sich in Deutschland insbesondere der Börsenverein, der Merlin Verlag, Perlentaucher, die Träger*innen des Friedenspreises, die Leipziger Initiative, Claus Leggewie sowie die beiden deutschen PEN-Clubs eingesetzt. Tausende von Bürger*innen unterzeichneten Solidaritätsappelle. 

„Wir sind sehr glücklich, dass Boualem Sansal sich nun hier in Deutschland in Sicherheit und in Freiheit behandeln lassen kann“, so Sebastian Guggolz weiter. „Und wir danken dem algerischen Staatspräsidenten, dass er dies nun ermöglicht hat. Gleichwohl gibt es in Algerien zahlreiche weitere Inhaftierte, die aus ebenfalls fadenscheinigen Gründen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Sie dürfen nicht vergessen werden.“
 

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