Membership: Treue gefragt – wie auch die Buchbranche von Content-Abos profitieren kann
Es funktioniert ein wenig wie Zeitungsabonnements oder Paywalls: Verlage können mit Membership-Programmen Leser*innen langfristig an sich binden und dadurch Planungssicherheit gewinnen. | Ein Beitrag des Börsenvereins
Erstellt am 19.02.2024
Die Buchbranche und das liebe Geld, das ist ein Thema für sich. In Zeiten, in denen es weniger Kund*innen in die Buchhandlungen führt und den Redaktionen Abonnent*innen wegbrechen, heißt es, kreativ zu sein und nach neuen Gewinnmöglichkeiten zu schauen. Während im englischsprachigen Raum Paywalls, also Bezahlschranken, bei vielen Medien lange Usus sind, tut man sich in Deutschland damit eher schwer – zu sehr sind die Menschen hierzulande an Gratis-Inhalte gewöhnt. Eine Zwischenlösung sind Membership-Modelle, die als Abonnements, regelmäßige freiwillige Spenden oder Paywalls funktionieren – und somit die Geldeinnahme dank Kund*innenbindung langfristig planbar ist.
Auch Buchhandlungen bieten immer öfter Abonnements an. Allerdings handelt es sich hierbei um Bücher-Abos, bei denen Kund*innen in regelmäßigen Abständen Bücher nach Hause geschickt bekommen. Die Idee dahinter ist ähnlich: Kund*innen werden langfristig an die Buchhandlung gebunden. Bei Content-Abos liegt der Fokus aber viel stärker auf der Beziehung mit dem Autor / der Autorin. Davon können Verlage, unabhängige Onlinemagazine, oder die (Selfpublishing-)Autor*innen, Blogger*innen und andere Creator*innen profitieren.
Der klare Vorteil von Membership- beziehungsweise Paywall-Modellen besteht darin, dass dies Künstler*innen zumindest prinzipiell ermöglicht, selbstbestimmt zu arbeiten und sich auf ihre Kunst zu konzentrieren – wenn sich genug Unterstützer*innen finden, die genügend Geld spenden. Ein weiterer Vorteil: Man ist dadurch unabhängig von Werbung und hat gut planbare Einnahmen, weil Leser*innen oder Hörer*innen regelmäßig und nicht einmalig zahlen. Es kann auch langfristig damit gerechnet werden, da Abonnent*innen – wurde bereits eine parasoziale Bindung aufgebaut – zumeist treu sind. Dies hat wiederum natürlich zur Folge, dass regelmäßig neuer, besonderer Content geliefert werden muss.
Steady – Paywall beziehungsweise Membership-Programm
Obwohl erst 2017 ins Leben gerufen, hat sich Steady im deutschsprachigen Raum innerhalb kürzester Zeit durchgesetzt. Steady ist ein Membership-Programm, das sich ohne größeren Aufwand in die meisten Websites und Blogs einbauen lässt. Fünf Prozent einer Community seien bereit, Veröffentlichungen finanziell zu unterstützen, überschlägt Steady-Mitbegründer Sebastian Esser in einem Interview mit dem Webmagazin Lousy Pennies, fünf Prozent, die im Schnitt fünf Euro pro Monat bezahlen würden. Er bezeichnet Steady als „Crowdfunding ohne Drama“, ohne Zeitdruck, ein gesetztes Ziel zu erreichen, mit nachhaltigem und – wie der Name schon sagt – stetigem Aufbau der Unterstützer*innen. Wie gut das funktioniert, beweist beispielsweise das renommierte Onlinefeuilleton 54books, das ausschließlich durch Spenden und Abos finanziert wird. Auch andere bekannte Medien und Blogs wie Krautreporter, BILDblog, Titanic, Verfassungsblog, Übermedien, Perlentaucher, Missy Magazine, Postillon und tell – Magazin für Literatur und Zeitgenossenschaft setzen bei ihrer Finanzierung zumindest teilweise auf Steady.
Die Handhabe von Steady ist sehr einfach, es kann schnell und ohne viel Vorwissen in die Website integriert werden. Es gibt unbegrenzte Mitgliedschafts-Modelle, das geringste fängt bereits bei 1,00 Euro im Monat an. Wie gestaffelt wird und welche Inhalte den Abonnent*innen zugänglich gemacht werden, bleibt in der Hand der Betreiber*innen. Steady übernimmt die Abbuchung der Mitgliedsbeiträge und behält für seinen Service eine Provision von 10 Prozent. Allerdings wird auch noch Umsatzsteuer berechnet. Ergo: Von 10 Euro Einnahmen bleiben Betreiber*innen nur etwa 8 Euro. Dafür erleichtert das die Steuererklärung, weil Steady nur als ein einzelner Posten angegeben werden muss.
Den Verlag mikrotext beispielsweise, heute vor allem bekannt wegen des Gewinns des Preises der Leipziger Buchmesse für Dinçer Güçyeters „Unser Deutschlandmärchen“, kann man mit verschiedenen Abo-Varianten auf Steady unterstützen. Früher gab es bei dem Verlag auch Buchabos, mit denen je nach Höhe des Abonnements E-Books oder Printtitel verschickt wurden – ein Modell, das vor allem für Verlage, die auf E-Books spezialisiert sind oder aber die ganz konkrete Reihen haben, ebenfalls denkbar wäre.
Patreon – Sinnvoll für einzelne Künstler*innen
Bei Privatpersonen, bei Podcaster*innen, Journalist*innen und Künstler*innen, erfreut sich vor allem das US-amerikanische Patreon größter Beliebtheit. Auch Patreon ist ein Membership-Format, durch das Fans zu Sponsor*innen werden. Wie bei Steady gibt es verschiedene Stufen, „Tiers“ genannt, die selbst eingestellt werden können, beginnend bei 1,00 US-Dollar im Monat. Neben diesen Abos ist es Künstler*innen auch möglich, sich eine Finanzierung für ein Großprojekt zu wünschen statt regelmäßige kleinere Spenden; Unterstützer*innen können (etwa durch einen Blick hinter die Kulissen oder Interaktionen) in die Entstehung dieses Projekts eingebunden werden.
Anders als etwa beim Crowdfunding, wo es um eine andere Form von Sichtbarkeit geht, spielt es bei diesen Abo-Modellen weniger eine Rolle, ob die Plattform in den USA oder in Deutschland beheimatet ist: Es müssen nicht einzelne Projekte gefunden werden; die Creator*innen, die um Unterstützung bei Patreon bitten, haben dank ihrer Arbeit für gewöhnlich auf Social-Media-Plattformen schon eine breite Gefolgschaft.
Kurzum: Membership eignet sich vor allem für Einzelpersonen, um von der eigenen Community finanzielle Entlohnung für die Arbeit zu bekommen, und für sie macht es am meisten Sinn, die für sie geeignete Plattform nach den besten Konditionen auszuwählen. Aber auch Verlage sollten sich mit den Möglichkeiten der Membership-Plattformen auseinandersetzen, um so die Bindung zwischen Verlag und Leser*in zu stärken. Denn sicher ist: Auch für sie könnten sich hier neue Geschäftsmodelle eröffnen.
Autorin: Isabella Caldart
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