Digitaler Wissens-Hub Beitrag

10 Tipps, wie Ihr Unternehmen auf den digitalen Wandel reagieren sollte

Die digitale Transformation sollten wir alle mitgestalten. Aber wie? | Ein Beitrag von Hermann Eckel, Sprecher der IG Digital & Inhaber der Unternehmensberatung connect2act
Erstellt am 20.11.2023


Teil 1 der „Die Zukunft ist schneller da, als Du denkst”-Serie erklärt, warum sich der digitale Wandel exponentiell beschleunigt. Was heißt das jetzt alles für Unternehmen der Buchbranche?

  1. Alles auf den Prüfstand: Unternehmen sollten die bisherigen Arbeitsabläufe radikal auf den Prüfstand stellen, alles Überflüssige eliminieren und, sofern noch nicht geschehen, IT-Systeme implementieren, die ein Höchstmaß an Prozessauto­matisierung, Flexibilität und Skalierbarkeit ermöglichen – und dabei so weit wie möglich KI-Lösungen nutzen. Vor der Innovation kommt die Exnovation.
  2. Kunde first: Durch diese Analyse werden Ressourcen freigesetzt, die nun für echte Wertschöpfung genutzt werden können. Entwickeln Sie konsequent kundenzentrierte Produkte, die Pain Points und Bedürfnisse der Menschen adressieren.
  3. Fokus aufs Marketing: Verlage sollten viel weniger Titel produzieren und die verbleibenden Neuheiten (und die Backlist!) viel intensiver und effektiver vermarkten – durch echtes 360°-Marketing über alle Kanäle hinweg – und entsprechend in Marketing-Automation investieren, ohne die das nicht möglich sein wird.
  4. Ausbau technologischer Kompetenz: Holen Sie sich so schnell wie möglich technologische Kompetenz ins Haus oder bauen diese inhouse aufbauen, indem Sie in Weiterbildung investieren. Das kann auch eine Praktikantin im Buchhandel sein, die das Bespielen verschiedener Social-Media-Kanäle einfach mal ausprobiert. Denn alle Unternehmen werden in allen Bereichen immer mehr Technologie einsetzen müssen – oder nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Ohne technologisches Know-how geht es nicht mehr.
  5. Das richtige Know-How: Etablieren Sie methodisches Know-how, Prozesse und Strukturen zur Entwicklung innovativer Produkte und Geschäftsmodelle. Denn angestammte Geschäftsmodelle sind im Zuge des digitalen Wandels immer weniger verlässlich. Ideal sind sogenannte „Blue-Ocean“-Produkte wie die Tonie-Box, also Produkte, die abseits eines traditionellen, hart umkämpften Marktes (dem „Red Ocean“) einen neuen Markt schaffen. Mit dem richtigen Know-How wären die Tonies vielleicht aus einem der großen Verlage heraus entstanden.
  6. Unternehmenskultur ernst nehmen: Graben Sie die Unternehmenskultur genauso radikal um wie die Arbeitsabläufe. Denn um die bisher genannten Punkte umzusetzen, braucht es Offenheit, Flexibilität, eine gewisse Risikofreudigkeit, bei allen Beteiligten den Willen und die Fähigkeit, sich auf Neues, Unbekanntes einzulassen und damit die viel beschworene positive Fehlerkultur oder besser: eine aktiv geförderte Lernkultur. Sonst traut sich niemand, eine Idee zu verfolgen, von der zu Beginn niemand wissen kann, ob sie wirklich zu einem marktfähigen Produkt führt. Dazu kommt der Generationswechsel: Spätestens, wenn die ersten jungen Data Analystinnen oder TikTok-Spezialisten eingestellt werden, die auf ihrem Gebiet natürlich von vornherein tausend Mal mehr wissen als die Geschäftsführung, wird es schwierig, eine patriarchalisch geprägte Command-and-Control-Kultur weiter zu leben. Denn dann sind die GenZler ganz schnell wieder weg.
  7. Gegentrends nutzen: Die allgegenwärtige Digitalisierung fördert Gegentrends und -bedürfnisse wie Achtsamkeit, Digital Detox, Naturverbundenheit, gemeinsame Live-Erlebnisse etc., die die Buchbranche sehr gut bedienen kann und auf die sich neue Produkte und Geschäftsmodelle aufbauen lassen. Aber Vorsicht: Wir sollten uns nicht zu sehr auf diese vermeintlich „guten“ Entwicklungen gegenüber der „bösen“ Technisierung kaprizieren und allein mit analogen Angeboten hierauf reagieren. Die erfolgreichsten Produkte zur Achtsamkeit sind Apps wie Calm, Headspace oder diverse digitale Yoga-Angebote – von denen die allermeisten wiederum nicht von klassischen Verlagen stammen.
  8. Das Printbuch lebt! Alles, was digitalisiert werden kann, wird früher oder später digitalisiert werden – bis hin zum Schnitzel aus dem 3D-Drucker (bereits geschehen). Dennoch wird auch das gute alte Printbuch noch lange Bestand haben. Das kann man am überraschenden BookTok-Trend ablesen: Die 16-21-Jährigen lesen wieder mehr, und das eben in Form gedruckter Bücher – möglichst mit verziertem Buchschnitt o.ä. Die Vermarktung aber geschieht voll digital. Insofern gilt das alte Verlagsmantra des „Content is King“ allenfalls noch halb. Entscheidender ist, auf den richtigen Kanälen mit den richtigen Angeboten die richtigen Beziehungen zum Zielpublikum aufzubauen. Wenn Verlage neben ihrer Content-Kompetenz diese Beziehungskompetenz weiter ausbauen und mehr Leser*innen zu echten Fans zu machen vermögen, werden sie weiterhin Erfolg haben – schon weil sie etwa für limitierte Auflagen mit Sonderausstattung ganz andere Preise verlangen können. Connections are King and Queen.
  9. Beziehungen, Beziehungen: Beziehungen sind auch das Zauberwort für Buchhandlungen: Als attraktive Orte der Begegnung, Inspiration, Weiterbildung, Partizipation und Community-Bildung mit gemeinsamen Lesungen, Kursen, Festivals, Übernachtungsangeboten oder anderen außergewöhnlichen Erlebnissen werden auch sie noch lange Bestand haben. Denn bei aller Digitalisierung bleibt das tiefe menschliche Bedürfnis nach echter Begegnung, echter Nähe, echten Emotionen bestehen oder verstärkt sich sogar. Prozesse, Event-Vermarktung und Beziehungsmanagement bedürfen aber wiederum des gekonnten Einsatzes von Technologie und Automatisierung.
  10. Nichts geht ohne Kooperation: Da all das extrem aufwändig ist, führt an Kooperationen bis hin zur Coopetition kein Weg vorbei. Wie weit man damit kommen, beweist die tolino-Allianz seit Jahren erfolgreich. Aus diesem Geist der Kooperation heraus sind auch die Taskforce IT-Standards und nicht zuletzt der digitale Wissens-Hub selbst entstanden: um Standardprozesse für die Entwicklung, Produktion, Distribution und Vermarktung von Büchern und um gesamte Wertschöpfungskette zu definieren, statt diesen Aufwand jedem einzelnen Unternehmen selbst zu überlassen, und um insbesondere kleinen und mittleren Verlagen und Buchhandlungen den Einstieg in aktuelle Tools, Technologien und Methoden zu erleichtern.

Um die Vielfalt der Buchbranche insgesamt zu erhalten, kommt es darauf an, dass möglichst viele Branchenteilnehmer am (technologischen) Puls der Zeit bleiben und mit der immer rasanteren Veränderungsgeschwindigkeit Schritt halten können. Denn sonst heißt es bald: Wer jetzt noch kein digitales Haus hat, baut sich keines mehr.

Lektüre-Tipps:

  • Nicholas Lovell: The Curve. Turning Followers into Superfans (Penguin 2013)
  • Bharat Anand: The Content Trap. A Strategist’s Guide to Digital Change (Random House 2016)

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