Initiativen des Börsenvereins und der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins

Eine Übersicht der Projekt-Webseiten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Das Hinzugekommene mit dem Schon-Dagewesenen vereinen

Aus Anlass der Neuauflage seines Buches „Gründung und Führung einer Buchhandlung“ 2021 sprach Anke Naefe von der Regionalgeschäftsstelle NRW mit Berater und Verleger Klaus W. Bramann, worauf es heute bei der Neugründung einer Buchhandlung ankommt und wie sich die Anforderungen im Laufe der Zeit verändert haben.

© Klaus W. Bramann

Sie beraten bereits seit vielen Jahren Gründer*innen bei der Planung von Buchhandlungen. Was hat sich im Laufe der Zeit verändert? Worauf gilt es heute besonders zu achten?

Was sich verändert hat? Drei Phänomene stechen heraus. Erstens: Immer mehr Seiteneinsteiger*innen gründen oder übernehmen eine Buchhandlung. Zweitens: Das Durchschnittsalter ist gestiegen. Drittens: Immer häufiger wagen Menschen über 50 Jahre den Einstieg in die Selbstständigkeit.

Auf was es zu achten gilt? Früher wie heute: auf die monatliche Mietbelastung. Die Miete sowie die Personalkosten inkl. der persönlichen Entnahmen der Inhaber*innen sollten weiterhin 25 Prozent des Zielumsatzes nicht übersteigen. Wer dies nicht bedenkt, läuft Gefahr, von seinen Betriebskosten erdrückt zu werden.

Die Corona-Pandemie hat gewiss zahlreiche Eröffnungspläne auf Eis gelegt. Können Sie von den Herausforderungen berichten und haben Sie dennoch Neueröffnungen begleitet?

Kontaktbeschränkungen engen uns doch alle ein. Das betrifft natürlich auch Gründer*innen. Denn mal eben hinfahren und mit den Inhaber*innen der Nachbargeschäfte Kontakt aufnehmen, bei einem Kaffee mögliche Probleme ausräumen etc. – dies gibt es unter den jetzigen Umständen nicht. Gespräche und Termine verlagern sich ins Digitale – auch Gründerseminare, von denen meines Wissens kein einziges mangels Masse abgesagt werden musste.

Ich begleite aktuell fünf Neu-Gründungen bzw. Übernahmen. Denn wer gründen will und in dem neuen Berufsumfeld einen sinnvollen Lebenszweck sieht, lässt sich durch die Pandemie nicht aufhalten. Und auch die Zukunft sieht nicht düster aus; kleinere inhabergeführte Buchhandlungen gehen als „heimliche Gewinner“ aus der Krise heraus.

Attraktive Veranstaltungen, Social Media, Online-Shop – zum Erfolg einer Buchhandlung gehört heute professionelle Öffentlichkeitsarbeit auf allen Ebenen. Was sind Ihrer Ansicht die Top 3-Erfolgskonzepte und welche Kompetenzen waren bereits vor 20 Jahren entscheidend?

Eine komplexe Frage, die schwer in Kürze zu beantworten ist. Aber nach meiner Einschätzung stellt sich die Lage wie folgt dar: Die TOP 3 vor 20 Jahren waren: wirkungsvolles Marketing, gutes Kostenmanagement und eine auf den Markt individuell abgestimmte Sortimentsauswahl. Diese TOP 3 werden ergänzt um drei weitere TOP 3: das Herausarbeiten und aktive Leben des Alleinstellungsmerkmals (USP), das Erfinden neuer Veranstaltungsformate und das Nutzen digitaler Kommunikations- und Verkaufskanäle.

Das Führen einer Buchhandlung ist also nicht leichter geworden, sondern schwieriger und aufwändiger, da komplexer. Die Herausforderung besteht darin, das Hinzugekommene mit dem Schon-Dagewesenen zu vereinen und somit auf eine neue Stufe zu stellen. Wer will, mag dies als einen dialektischen Prozess sehen.

Viele inhabergeführte Buchhandlungen bilden wieder aus, dennoch fehlen oft Nachfolger*innen. Welche Tipps geben Sie Buchhändler*innen, die in Kürze ihr Geschäft verkaufen möchten?

Ich denke, die Formulierung „In-Kürze-Verkaufen“ beinhaltet einen gefährlichen Trugschluss. Denn man verkauft sein Unternehmen nicht einfach mal eben so – egal ob an Mitarbeiter*innen oder Fremde. Es braucht aktuell einen glücklichen Moment oder ein günstige Fügung, wenn Verkäufer*innen und Käufer*innen zusammenkommen. Zwar gehören die Neu-Gründer*innen heute überwiegend zu denen, die bestehende Buchhandlungen übernehmen, aber derzeit schließen mehr als doppelt so viele Unternehmen wie neue Inhaber*innen dazu kommen.

Gemeinsam mit Betriebsberaterin Gudula Buzmann haben Sie gerade Ihr Buch Gründung und Führung einer Buchhandlung in neuer Auflage veröffentlicht. An welchem Kapitel mussten Sie die meisten Änderungen vornehmen bzw. welche Themen sind neu hinzugekommen?

Änderungen in Form von Aktualisierungen gibt es in allen Kapiteln, schließlich sind fünf Jahre nach der letzten Auflage vergangen. Hervorzuheben sind meines Erachtens Kürzungen in den Kapiteln 1 (Die Branche kennenlernen) und 4 (Den Geschäftsalltag meistern); hier wurden die Inhalte präziser auf den Punkt gebracht. Erweiterungen erfuhr das Kapitel 3 (Den Erfolg steuern), vor allem aufgrund der Ausführungen zum Themenkomplex Werbung und Verkaufsförderung. Hier ist es Gudula Buzmann – wohl erstmalig in der aktuellen Fachliteratur – gelungen, die Online- und Offline-Welt zu verzahnen. So trägt ein Kapitel die Überschrift „Durchblick in den Laden: Schaufenster offline und online“.

Zu erwähnen sind auch die nunmehr 70 Beratertipps mit praxisnahen Anregungen, die zur direkten Umsetzung einladen. An vielen Stellen spricht das Buch also nicht nur Gründer*innen oder Käufer*innen an, sondern alle Unternehmer*innen, die ihre Buchhandlung erfolgreich führen wollen.

Buchtipp

Gudula Buzmann / Klaus-W. Bramann: Gründung und Führung einer Buchhandlung. 12. Auflage, 2021, Bramann, 470 Seiten, Hardcover, EUR 60,– [D], ISBN 978-3-95903-016-8.

Bramann Verlag