Initiativen des Börsenvereins und der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins

Eine Übersicht der Projekt-Webseiten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Von der Kundin zur Geschäftsführerin

2017 übernahm Susanne Neumann die Gutenberg Buchhandlung in Eberswalde (Brandenburg). Im Interview mit dem Landesverband Berlin-Brandenburg berichtet sie, wie es dazu kam und was seither passierte.

© Susanne Neumann

Frau Neumann, wie kam es zu der Entscheidung eine Buchhandlung zu übernehmen?

Eigentlich wollte ich nur ein Schulbuch kaufen und bin in die Gutenberg Buchhandlung gegangen, wo ich immer einkaufe. Im Gespräch über ein bestimmtes Buch fragte mich dann der Inhaber, Herr Gerlach, überraschend: Haben Sie nicht Lust, die Buchhandlung zu übernehmen? Da habe ich kurz gestockt und gesagt: Ich habe gerade nicht so viel Geld dabei. Aber es ist eine Überlegung wert. Mit großem Herzklopfen bin dann nach Hause gefahren. Wie viele andere, wollte ich schon immer in einer Buchhandlung arbeiten. Für mich kam das Angebot zum richtigen Zeitpunkt, da ich mich beruflich anders orientieren wollte und auch meine Familie war sofort dafür. Und ich war zum Glück auch so mutig und teilweise blauäugig, mich dafür zu entscheiden. Denn ein bisschen Blauäugigkeit gehört eben auch dazu.

Die Entscheidung ist jetzt bereits zwei Jahre her. Was ist geblieben? Was hat sich verändert?

Ich kannte die Buchhandlung ja schon sehr gut als Kundin und mochte sie. Zur Übernahme habe ich als erstes die IT-Infrastruktur komplett ausgetauscht, um hier einen stabilen Betrieb sicherzustellen. Danach haben wir uns um die Einrichtung und Gestaltung des Online-Auftrittes inklusive Shop gekümmert. Hier werden auch die Lesungen im Kulturbahnhof Joachimsthal in Zusammenarbeit mit dem dortigen Heimatverein aktiv beworben. Wir sind als Mitveranstalter, Kooperationspartner mit Büchertischen bei vielen Veranstaltungen dabei. Viele dieser Kontakte sind neu entstanden. Auch meine Mitarbeiterinnen sind bei der Akquise und Organisation der Lesungen sehr aktiv beteiligt. Natürlich habe ich mir über die Farbgestaltung Gedanken gemacht und wollte auch eine schöne Leseecke mit Sessel und Lampe einrichten. Dazu wäre ein kompletter Ladenumbau bis hin zur Auslegware erforderlich. Aber vordergründig wollte ich den Geschäftsbetrieb nicht unterbrechen. Zudem wollte ich die schon begrenzte Stellfläche nicht verringern. Man muss sich überlegen, was man sofort anpassen muss und was auch erst später realisiert werden kann. Als nächstes haben wir die Umgestaltung des Eingangsbereiches geplant. Die Weiterbeschäftigung des vorhandenen Personals war der wichtigste Baustein, der mir die erfolgreiche Übernahme des Buchladens von Anfang an sicherte. Sie kennen unsere Partner und Kund*innen und für viele Stammkund*innen ist gerade die persönliche Ansprache auch das, was sie im Laden genießen und schätzen. Im Zwischenmenschlichen sehe ich auch eine meiner eigenen Stärken. Da darf man dann auch beim älteren Publikum nachfragen, wie es gerade mit den Gehstützen geht.

Und gleichzeitig machen Sie viel für die jüngere Generation.

Ja, am Welttag des Buches kommen die Klassen in mehreren Gruppen in den Buchladen. Nach einer kurzen Lesung beantworten die Kinder die Quizfragen und können das Büchlein „Ich schenk dir eine Geschichte“ in Empfang zu nehmen. Wir gehen auch in die Schulen, um Bücher vorzustellen. Vermehrt treten wir als Sponsor für Bücher und Gutscheine in Schulen auf. Es liegt mir sehr am Herzen, dass wir die jüngere Generation als Leser gewinnen. Ich beobachte auch im familiären Umfeld, wieviel Zeit mit dem Handy verbracht wird. Da sehe ich schon eine sehr große Herausforderung, den stationären Buchhandel für die junge Generationen attraktiv zu gestalten. 

Gab es eine schöne Überraschung?

Da muss ich überlegen. Also: Es gab zum Glück keine bösen Überraschungen. Wir haben uns die betriebswirtschaftlichen Zahlen mit einem Betriebswirt angesehen und durchgerechnet. Mein Anspruch war, dass ich die Buchhandlung, so wie sie ist, auch mit dem vorhandenen Personal, weiterführen kann. Das heißt, die Zahlen zumindest halten. Und das ist uns bisher gut gelungen. Damit bin ich sehr zufrieden. Und für mich ist es am schönsten, was ich von den Kund*innen zurückbekomme: Die Freude und auch die Dankbarkeit, dass ihre Buchhandlung bestehen bleibt und auch mit ihren Buchhändlerinnen, die sie kennen. Natürlich bekomme ich das auch vom Team widergespiegelt.

Letzte Fragen: Haben Sie Tipps für Kolleg*innen in Gründung oder Übernahme?

Als Quereinsteigerin wie ich: Buchhändler*innen finden, die man mal fragen kann Wie macht ihr das? Die einen über die einmalige Fortbildung hinausbegleiten. Eventuell kann man vorher bei Kolleg*innen hospitieren. Auch Netzwerke bilden, in denen man sich austauschen kann, halte ich für sehr wichtig. Man darf sich auch helfen lassen. Und schlussendlich: Lesen, lesen, lesen. Gerade die kleinen Sortimentsbuchhandlungen leben von der Beratung.