Initiativen des Börsenvereins und der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins

Eine Übersicht der Projekt-Webseiten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Unterstützung vom Profi

Im Interview berichtet Buchhandelsberaterin Ellen Braun, worauf es bei der Existenzgründung ankommt und wie man sich professionelle Unterstützung holen kann.

© Christina Weiss

Welche Erfahrung bringen Sie als Unternehmensberaterin mit ?  

Ich bin Diplom-Kauffrau und habe selbst eine Buchhandlung gemanagt, bis ich in die Geschäftsleitung der Buchhandelsgruppe gerufen wurde. Somit kenne ich sehr gut das operative Geschäft und seine Herausforderungen. Mein Handwerkszeug als Unternehmensberaterin habe ich von der Pike auf gelernt.

Als Trainerin und Coach kombiniere ich langjähriges Praxiswissen mit fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und regelmäßige Fortbildung ist selbstverständlich. In welcher Rolle ich auch auftrete, als Unternehmensberaterin, Trainerin, Coach, Lehrbeauftragte oder Fachautorin: Die digitale Transformation ist real und wir können sie gestalten. Es ist sehr, sehr spannend. Ich lerne jeden Tag dazu. Und das sehr gerne.                                                                                            

Wo beginnt Ihre Beratung bei Existenzgründern, welche Themenfelder umfasst sie - und wie lange begleiten Sie Gründer?

Meine Arbeit konzentriert sich auf die Themenbereiche Strategie, Struktur, (Selbst-)Führung. Was ist das Ziel, wie ist das passende Geschäftsmodell, welche Struktur braucht dieses komplexe Vorhaben und wie können wir es einfach gestalten? Welche Leute braucht es dazu? Und wie bleibt die Kreativität als UnternehmerIn erhalten. Selbstverständlich geht die betriebswirtschaftliche Beratung einher.

Die Formate sind bei den Themen sehr unterschiedlich und variabel einsetzbar. Mal fungiere ich als Beraterin und dann wieder als Coach. Allerdings kenne ich auch die Grenzen und ziehe auch gerne KollegInnen aus meinem umfangreichen Netzwerk hinzu, wenn es notwendig wird.

Die Begleitung erfolgt im idealen Fall schon in der Konzeptphase, also bei der Idee oder beim beabsichtigten Kauf, manchmal allerdings auch erst nach der Übernahme der Buchhandlung oder bei der geplanten Umgestaltung des Geschäftsmodells.
Die Dauer ist sehr unterschiedlich, das hängt von vielen Faktoren ab:

  • Ist der Gründer ein Unternehmertyp? Wie hoch ist z.B. die emotionale Stabilität, wie extrovertiert ist das Auftreten, wie sind Neugier und Mut ausgeprägt, wie hoch ist der Organisationsgrad und die Leistungsfähigkeit?
  • Sind genügend Fachkenntnisse zur Unternehmensführung vorhanden? Hier zählen nicht nur buchhändlerische Kenntnisse, sondern insbesondere kaufmännische.
  • Welches Format braucht der Gründer? Eine Beratung oder ein Coaching oder eine Kombination aus beidem?

Die Bindung zu meinen Kunden ist in der Regel sehr hoch. Manche stehen mit mir seit über 15 Jahren in Verbindung in immer wechselnden Projekten.                                                                           

Ist Ihre Erfahrung für die Gründer ein wesentlicher Erfolgsfaktor - oder kann zu viel Insider-Know-how manchmal auch belastend sein?

 Die Erfahrung beschleunigt Prozesse, da ich zudem auf ein funktionierendes Netzwerk zurückgreifen kann. Der´Betriebsblindheit`begegne ich mit einer gesunden Mischung aus Neugier, Mut und Risikobereitschaft. Konkret bedeutet dies, dass ich mich zum einen selbst fortbilde, wie schon oben erwähnt. Zudem bin ich als Lehrbeauftragte tätig und komme so automatisch mit ganz verschiedenen Branchen in Berührung, da meine Studenten berufsbegleitend studieren. Als Personal- und Organisationsentwicklerin begleite ich zudem mittelständische UnternehmerInnen aus anderen Branchen.

Gibt es eine Falle, in die Existenzgründer im Buchhandel oft tappen? 

Letztlich ist der erfolgreich, der die Bedürfnisse seiner Zielgruppe kennt und diese möglichst gut erfüllt. Also, warum kauft der Kunde und was kann ich besser als Andere. Wovon sind wir gemeinsam überzeugt und wie schaffe ich es, mit den Kunden dauerhaft im Dialog zu bleiben? Nur gut sein, reicht nicht. Wo das Unternehmen besser ist als andere, das gilt es in vielen Kanälen immer und immer wieder neu zu kommunizieren.

Sehen Sie branchenspezifische Herausforderungen in der Zukunft?                         

Wir haben ein wunderbares Produkt, das sich aber gerade massiv verändert! Aber auch die Herausforderung, dass wir Leute brauchen, die den Mut haben, neue und andersartige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Buchhändler sind mehr als Einzelhändler, die Bücher verkaufen. Sie schlüpfen in die verschiedensten Rollen, wie z.B.  

  • Kulturszenerist
  • Scout
  • Botschafter
  • Ideenentwickler
  • Gesprächstherapeut
  • Veranstaltungsmanager
  • Netzwerker
  • Begleiter beim Kulturwandel

Buchhändler sind also wichtige Akteure einer belebten Innenstadt. Die – nicht nur – branchenspezifische Herausforderung ist auch mein Motto in der Unternehmensberatung für das laufende und nächste Jahr: „Sichtbar. Digital.Vernetzen.“

Sichtbar: dazu gehört auch das hier laufende Projekt der „Nachfolge“. Wie gut ist die Branche für die Kunden und potentielle Nachfolger sichtbar? Wie werden die einzelnen Buchhändler wahrgenommen? Wie sind sie positioniert?

Digital: Homepage, facebook und co. sind inzwischen obligatorisch. Aber wie komme ich in den Dialog mit meinen Kunden? Wie halte ich diesen? Wann kann ich dem Buchhändler meines Vertrauens „skypen“? Wann nimmt mich dieser per Tablet mit in die Buchhandlung und ans Regal? Klingt vielleicht etwas „spinnert“, aber wir diskutieren in der Buchhandelswerkstatt durchaus die Möglichkeiten und Grenzen.

Vernetzen: Ich bin als UnternehmerIn Mitglied des öffentlichen Lebens einer Stadt. Wie gut mag und kann ich diese Rolle ausüben? Wie selbstbewusst trete ich auf und sensibilisiere die Akteure einer Stadt – auch für meine Leistungen. Hier merke ich nach wie vor einen Unterschied zwischen Unternehmern und Unternehmerinnen. Männer arbeiten wesentlich zielführender in Netzwerken, als Frauen. Da kann meine Spezies durchaus noch etwas lernen.                                                                 

Welchen zentralen Ratschlag haben Sie für Interessenten, die sich im Buchhandel selbständig machen wollen?

Selbständigkeit ist eine wunderbare Freiheit, wenn es zu mir passt und bei meinem Geschäftsmodell  unterm Strich so viel übrigbleibt, dass ich mein Lebensmodell finanzieren kann. Es wird auch immer mal Durststrecken geben mit ganz viel Selbstzweifel. Deshalb steht für mich an erster Stelle die Frage:

  1. Bin ich ein Unternehmertyp? Wo will ich in 5 – 10 Jahren stehen? Was turnt mich an? Was will ich auf keinen Fall?
  2. Welches Projekt ist für mich passend: Gründung oder Kauf einer Buchhandlung?
  3. Wer kann mich bei meinem Vorhaben unterstützen? Wer motiviert mich; wer stellt kritische, konstruktive Fragen? Viele werden versuchen, den Gründer vom Vorhaben abzubringen.

Dazu ein Tipp: anhören und sich eine eigene Meinung bilden, woher die Einwände kommen. Ist es ein sachlicher Hinweis (Standort, Rendite, Geschäftsmodell) oder ist es eher auf der Beziehungsebene (Neid, Unvorstellbarkeit, Besserwisserei) anzusiedeln.

Beratung oder Coaching ist immer gut angelegtes Geld. Jeder seriöse Berater führt ein unverbindliches, kostenloses Erstgespräch. Also Telefonhörer in die Hand nehmen und das Gespräch suchen. Neben der fachlichen Kompetenz muss auch die Chemie stimmen.

Im Erstgespräch immer das Leistungsspektrum der Beratung definieren, so ist dann auch ein Vergleich möglich. Die Honorarsätze sind sehr unterschiedlich. Dies hat i.d.R. nichts mit Willkür zu tun, sondern resultiert daraus, wie das Leistungspaket geschnürt ist. Und inwieweit Fördermittel mit eingerechnet werden können.