Neue Gewohnheiten

"Lesemotive zur Ansprache situativer Bedürfnisse"

3 Fragen an Melanie Michelbrink, Gesamtleitung Marketing und Vertrieb im Reclam Verlag
Erstellt am 08.05.2025


Die gelernte Buchhändlerin verfügt auch über jahrzehntelange Erfahrung im Vertrieb und ist ausgewiesene Spezialistin im Produktmanagement. Im Interview spricht sie über einen veränderten Blick auf das Kaufverhalten und dynamische Komponenten in der Leser*innenansprache. Beim Jubiläumskongress nimmt sie am Best Practise-Panel „Die Individualisierung der Zielgruppen: Was tun, wenn statische Personas auf dynamische Bedürfnisse treffen?“ teil. (Donnerstag, 13 Uhr, Stage 3)

1. Ist die klassische Zielgruppe ein Auslaufmodell?

Melanie Michelbrink: Wenn wir unsere Käufer*innen erreichen wollen, dann ist die Beschreibung von Personengruppen mit vergleichbaren Merkmalen immer noch eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Vermarktung. Aber das Modell ist zu statisch, um auch individuelle, situative Bedürfnisse abzubilden. Und genau diese gewinnen in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Deshalb sehen wir Handlungsbedarf. Wir müssen diese dynamische Komponente einbinden und die losen Enden in unserer täglichen Arbeit methodisch zusammenbringen, sonst verlieren wir Leser*innen.

2. Welches Potenzial hat dieser Perspektivwechsel für die Positionierung von Verlagen?

Melanie Michelbrink: Ein veränderter Blick auf das Kaufverhalten ermöglicht uns einen 360-Grad-Ansatz, der für mehr Nähe zu unseren Kund*innen sorgt. Wenn es uns gelingt, dauerhaft einen Dreiklang aus Marke, Zielgruppe und Bedürfnis zu bilden, dann können wir die latente Nachfrage besser bedienen und uns zusätzliche Umsätze sichern. Diese sind angesichts der steigenden Kosten in unserer Branche besonders für die Vielfalt im Buchhandel wichtiger denn je.

3. Was hat Reclam überzeugt, jetzt einen neuen Weg zu gehen?

Melanie Michelbrink: Reclam ist eine starke Marke. Jede*r kennt die gelben Cover der Universal-Bibliothek und die begleitenden Materialien aus der Schule. Unser Portfolio ist schon heute viel umfangreicher mit unserem Belletristik-, Sachbuch-, Geschenkbuch- und Non-Book-Programm und der Erfolg von Janosch und Loriot & Co. zeigt, dass auch eine zielgerichtete Programmerweiterung Sinn ergibt. Der erste Schritt ist also schon gegangen.

Die Herausforderung wurde dadurch aber noch deutlicher. Wie sprechen wir zum Beispiel die situativen Bedürfnisse von Lehrer*innen an, wenn es nicht darum geht, Klassiker zu vermitteln? Etwa, wenn diese Zielgruppe nach der Arbeit entspannen möchte. Dafür brauchen wir perspektivisch dynamische Komponenten und die bieten die Lesemotive, mit denen ich mich schon lange intensiv auseinandersetze und bereits sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Deshalb ist es jetzt an der Zeit für den nächsten Schritt.

Für den systematischen Brückenschlag zwischen Präferenzen und Bedürfnissen haben wir uns Unterstützung geholt, um bestehende und potenzielle Kund*innen noch stringenter ansprechen zu können.


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