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Unser Buch des Monats März:Han Kang - »Griechischstunden«

Voll lit! Wir küren unser drittes Buch in diesem Jahr. Über das Leben, über das Schweigen. Kein leichter, aber ein bewegender Roman.
Erstellt am 29.03.2024


Rezension von Tobias Groß

Was kann im Leben eines Menschen geschehen sein, dass er aufhört zu sprechen? Dass er sich von seiner Umwelt abwendet und auf die Kommunikation mit anderen verzichtet? Dass er sich bewusst für ein Leben ohne Kontakte entscheidet? Schließlich geht das Einstellen des Sprechens fast zwangsweise mit sozialer Isolation, gesellschaftlicher Ächtung und Ausgrenzung einher.

Die Protagonistin in Han Kangs Roman »Griechischstunden« hat das Sprechen freiwillig eingestellt, hat ihre Stimme verloren. Es gibt keinen gesundheitlichen Grund, sie redet einfach nicht mehr, auch nicht mit Hilfe von Gebärden oder den von ihr geliebten Gedichten. Es sind Schicksalsschläge, die sie zu dieser Entscheidung geführt und sie zu einem Leben in Einsamkeit verdammt hat. Im Lehrer ihres Kurses für Altgriechisch findet sie einen Gleichgesinnten, denn dieser alleine lebende Mann wird eines Tages nichts mehr sehen können. Beide sind durch einen Verlust essenzieller menschlicher Fähigkeiten miteinander verbunden. Doch nicht nur das: eine tote Sprache, für heute lebende Menschen fast unmöglich zu lernen, verbindet die Beiden. So sehr, dass sie sich näher kommen - obwohl doch beide wissen, dass es niemals ein „Wir“ geben wird. Geben kann.

Han Kangs »Griechischstunden« ist eine zarte, sich jedoch nur andeutende Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die ein Leben als Außenseiter:innen in der südkoreanischen Millionenstadt Seoul führen und mit Hilfe des Altgriechischen ihren Kokon verlassen wollen. Der von Ki-Hyang Lee hervorragend übersetze und bereits 2011 erschienene schmale Roman ist für Leser:innen jedoch eine echte Herausforderung. Denn der fliegende Wechsel zwischen den verschiedenen Erzählperspektiven, zwischen erster und dritter Person, ist mitunter ziemlich verwirrend und kann die Lektüre dadurch gehörig in die Länge ziehen. Deshalb braucht man als Leser:in bei »Griechischstunden« viel Aufmerksamkeit und möglichst wenig Ablenkung. Wer sich dieser Herausforderung jedoch stellt, wird mit einer angenehm leisen Geschichte belohnt, deren Sprache faszinierend und wunderschön zugleich ist. Kein einfacher, jedoch ein sehr bewegender Roman.

 

Han Kang - »Griechischstunden«, Roman, aus dem Koreanischen übersetzt von Ki-Hyang Lee

Aufbau Verlag, Februar 2024, 204 Seiten, 23,00 €, 978-3-351-03792-5


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Ich sage dann meistens so: Im Sommer geht's. Jetzt gerade ist aber nicht Sommer.